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Lebenslauf Nico René (*13.10.2007 – +15.12.2008)

Nico war ein wunderbares Kind, voller Neugier und Tatendrang. Wenn ich ihn morgens fertig gemacht habe und ihn dann in seinen Laufstall gesetzt habe, konnte er ganz alleine spielen mit den Wäscheklammern, mit seinem Holzmobile oder mit seiner Raupe. Was haben wir gestaunt, wie geschickt er mit seinem Daumen und Zeigefinger nach seinen Spielsachen griff. Nico mochte Musik und tanzte mit seinen Armen und lachte dabei über das ganze Gesicht. Überhaupt lachte er gerne. Wenn wir ihn unter seinen Achselhöhlen kitzelten, dann kicherte er und lachte laut. Und wenn wir mit ihm schmusten, schnurrte er mit hohen Tönen.

Einmal wickelte Oma ihn und nahm ihn hoch. Er packte noch schnell das Daunenkissen und ließ nicht mehr los. Bis Oma ihm das Kissen abnahm und entdeckte, dass es 700g wog. Nico hatte Kraft – erstaunlich viel Kraft.

Und er war ein Kämpfer, ein ganz ganz großer Kämpfer und er war ein Steh-Auf-Männchen – so nannten ihn einige Krankenschwestern, weil manchmal keiner wusste, wie es übermorgen weitergehen sollte. Aber übermorgen? – Da saß er wieder in seinem Bett und spielte mit den Schildern der Schwestern, seinen Wäscheklammern oder mit allem, was die Großen gerade in der Hand hatten. Er betrachtete so gerne seine Bücher, schlug die Seiten hin und her und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. – Außer wenn er Hunger hatte oder Schmerzen.

Schmerzen hatte er eigentlich immer. – Nur tagsüber, wenn er spielte und sich bewegte, dann hatte er schmerzfreie Phasen. In den 14 Monaten seines kurzen Lebens gab es wenige Tage, an denen er keine Schmerzen hatte und mehrere Stunden nacheinander schlafen konnte. An einigen dieser Tage pflasterte unser Vermieter um das Haus herum und verdichtete alles mit der Rüttelplatte. Es war ein ohrenbetäubender Lärm und unsere Wohnung wackelte, aber Nico schlief einfach weiter. Wenn Nico schmerzfrei war, dann machte ihn nichts wach.

In Nico´s Körper waren nicht alle Organe in seinem Bauch richtig ausgewachsen. Und damit und den Folgen daraus hatte er immer zu kämpfen. Aber in diesem langen Kampf haben wir erlebt, dass die Welt voller wunderbarer Menschen ist. Es war soviel Wärme und Liebe, die uns drei begleitet hat, dass wir unendlich dankbar sind für die Begegnungen und Erlebnisse, die Nico und wir hatten.

Schwangerschaft

Bei einer Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft wurde festgestellt, dass Nico einen offenen Rücken und einen offenen Bauch haben würde. Damals bekamen wir Angst. – und die war die ganze Schwangerschaft hindurch da. Doch der allmächtige und liebevolle Gott hat in seinem Wort einen Psalm verfassen lassen. In Psalm 139 heißt es: „… du hast mich in meinem Mutterleib gewoben. Du kanntest jeden meiner Tage noch ehe einer von ihnen da war.“ Für uns war klar, dass Gott dieses Kind so wie es ist geschaffen hatte. Es war nicht unsere Verantwortung. Gott hatte einen Plan mit ihm. Wir haben ihn nicht verstanden und hatten Angst, aber wir wussten, dass es sein Kind war und dass Gott für ihn sorgen musste. Wir würden es niemals schaffen. – und dann begegnete uns ein Mensch nach dem anderen, den Gott uns zur Seite stellte.

Morgens ging Nelli zu ihrer Schule und ihre Giraffenklasse begrüßte sie täglich mit den Worten: „Guten Morgen Frau Walter und das Baby im Bauch!“ Und dann beteten die Kinder tagtäglich für das kleine Baby im Bauch.

Wir machten wir uns auf die Suche nach einem Chirugen, der Nico operieren würde, damit er leben könnte. – Und stellten fest, dass wohl der beste Arzt in Europa nur 50km von uns entfernt arbeitete. Prof. Thomas Boemers arbeitet in der Kinderklinik Amsterdamerstr. in Köln und hat sich spezialisiert auf diese schwierigen Krankheiten bei Säuglingen. Und als wir in seine Sprechstunde gingen, saß da ein ganz, ganz feiner Mann vor uns und wir wussten sofort, dass wir hier richtig sind. Einige Zeit später stellte sich heraus, dass der Stationsleiter von der Intensivstation auch hier in Gummersbach wohnt. Unser Oliver Timpanaro ist dann unser blauer Engel geworden. Engel – weil er von Gott für uns gesandt war. Und blau war seine Arbeitskleidung.

Doch die Angst war immer da. Und wir haben deswegen so wie es in der Bibel steht die Pastoren unserer Gemeinde zu uns geholt und sie über uns beten lassen. – Wir haben wirklich auf ein Wunder gehofft. Wir wussten, dass unsere ganze Gemeinde und so viele andere für uns beten. So viele haben gebetet für ein Wunder, für eine komplette Heilung, für eine wundersame Geburt. – Doch Gott hatte einen anderen Plan mit Nico.

Geburt und Krankenhaus

Er kam am 13. Oktober 2007 viele Tage zu früh auf diese Welt und mit so vielen Schmerzen und Krankheiten, dass er innerhalb kurzer Zeit fünfmal operiert werden musste bis endlich sein Bauch geschlossen war. Er war die ersten hundert Tage seine Lebens in der Kinderklinik und wurde von einem tollen Team versorgt: Prof. Boemers, Dr. Marathon, Dr. Dübbers, Dr. Böckenholt, Dr. Pauli … und ganz besonders von unserer Begleitung Frau Ekamp und den Schwestern der Intensivstation E2, E3 und später von der C4. Überall gab es wunderbare Schwestern: Rebekka, Susanne, Nicola, Renate aus der Milchküche, Ortrun, Schwester Natalie, Anika, Kathrin, Judith, Anne, Birke, Gabi, Simone, Kirsten, Manuela, Birgit usw.

Kampf zuhause

Als wir endlich nach Hause konnten im Januar diesen Jahres begann der Kampf um jedes Gramm Gewicht. Nico hatte einen sehr kurzen Darm und konnte deswegen nicht die normale Nahrung essen. Er vertrug sie nicht, bekam schon beim Essen Bauchschmerzen und brauchte fast 45 Minuten bis er endlich 90ml getrunken hatte. Alle drei Stunden bekam er die Spezialmilch – tags und nachts – und nahm doch nicht richtig zu. Besonders nachts bekam er schreckliche Schmerzen, so dass wir jede Nacht bis Morgens bis zur Erschöpfung kämpften, damit er ein bisschen verdauen konnte.

Immer wieder mussten wir notfallmäßig in die Klinik fahren und unseren Jungen in den OP bringen, weil sein Darm nicht richtig funktionierte und operiert werden musste.

Unser Kinderarzt Dr. Toelstede fand eine Nahrung heraus, die Nico besser verdauen konnte. Einige Wochen ging es gut – obwohl die Nahrung scheußlich schmeckte und mit Traubenzucker und Fencheltee angerührt wurde. Doch seit April hatte Nico nicht mehr wirklich zugenommen.

Wir haben viel geweint und gekämpft. Oma Susanne und Opa Niko Siegert und Nellis Schwester Lika kamen die Woche hindurch helfen, doch es ging nicht bergauf. Linda half uns mit Babysitting und im September stellten wir unsere Nachtschwester Lilli ein, die sich zweimal die Woche nachts um Nico kümmerte. Doch Nico nahm nicht zu.

Unser Kinderarzt Dr. Toelstede besuchte uns oft und versuchte alles, damit es Nico besser ging. Doch es änderte sich nichts. Nico kämpfte viele Stunden täglich mit Bauschschmerzen.

Schmerztherapie

Gemeinsam mit Dr. Toelstede entschlossen wir uns, dass Nico das starke Schmerzmittel Morphin bekommen sollte, damit er die Schmerzen nicht so spürt. Aber auch das war ein Kampf und so fuhren wir nach einigen Tagen in eine Spezialklinik nach Datteln. Wir hatten Angst und hofften, dass wir auch dort liebe Schwestern treffen würden. In Datteln empfing uns ein tolles Team. Schwester Jessica, Nicole, Frau Dr. Caracciolo und viele andere kümmerten sich liebevoll um unseren Jungen. Eine Psychologin nahm sich viel Zeit auch mit uns zu sprechen und so konnten auch wir ein bisschen heil werden.

Wir haben viel geweint, Gott angefleht, dass er Nico heilt, wir haben gesucht und geforscht. Wir sind an der Last zerbrochen – bis wir zur Ruhe kamen und alles an Gott abgaben. Nico ist sein Kind. Er hat ihn so geschaffen, wie er ist. Er hat einen Plan.

Wir haben erlebt, wie ihr alle und noch viele hunderte mehr uns kleine Familie getragen habt. Und wir sind euch so unendlich dankbar!

Wir haben Nico so sehr geliebt. – Aber Jesus hat ihn noch viel lieber.

Tod

Letzte Woche Dienstagabend begann Nico die Milchflasche wegzuschlagen. Wir versuchten ihm Tee zu geben, aber auch diese Flasche verweigerte er immer häufiger. Er hatte Angst wohl vor den Bauchschmerzen, die kommen würden, wenn er trinkt. Dann wurde er schwächer und den ganzen Samstag und Sonntag hindurch war unsere Familie da. Zu unserer Familie gehören inzwischen David und Conny und auch Natascha. Gemeinsam haben wir gekämpft.

Auch die Morphingaben reichten nicht mehr. Sonntagabend um acht begann Nico um Luft zu kämpfen. Um kurz nach zehn riefen wir unseren Kinderarzt an. Er kam und spritzte mehrere Dosen starkes Schmerzmittel bis Nico endlich ruhiger wurde. Wir saßen als Familie mit fast 10 Leuten in unserem Wohnzimmer und unser Dr. Toelstede war bis Montagmorgens kurz vor sieben fast die ganze Zeit dabei.

Es war sehr feierlich. Wir haben geweint und gekämpft. Endlich um Acht Uhr hat Nico René Walter aufgehört zu atmen. Die Sonne schien durch unser Fenster und Nico war endlich erlöst. Keine Schmerzen mehr, endlich schlafen. Endlich alles essen.

Wir haben ihn so sehr geliebt, aber Jesus hat ihn noch viel, viel lieber.

Danke Gott und danke Euch allen

Der Schmerz ist unbegreiflich tief, wir weinen viel und oft. Und doch sind wir so dankbar für diesen wunderbaren Kämpfer. Vorgestern war unsere Nachtschwester Lilli mit ihrem Mann Waldemar bei uns. Er deutete auf das Glas Saft und sagte nur: „Wisst ihr, Jesus sagt, dass alles was wir seinen Brüdern und Schwestern geben, wir ihm geben.“ – und plötzlich verstanden wir, dass wir jede Nacht für Jesus aufgestanden sind, für Ihn haben wir die Medikamente fertiggemacht, damit er weniger Schmerzen hatte und jede Flasche Milch und Fencheltee.

Letztes Jahr bekam Nelli zu Weihnachten ein Buch von ihrer Schule mit einem Vers: „Macht euch bereit. Der Herr zieht bei euch ein!“ Als unser kleiner Nicoschatz im Januar in unser Haus einzog, da zog Jesus selbst ein.

Alles was ihr für Nico und uns getan habt, das habt ihr für Jesus getan. Wir danken euch.

Wir sind voller Dankbarkeit, dass wir die Eltern von Nico sind. Es war uns eine Ehre, ihn zu lieben, ihn zu versorgen, mit ihm zu schmusen und zu spielen. Gott, du hast uns reich beschenkt. Wir lieben dich und danken dir!

Kleiner Engel, deine Leiden fallen nicht ins Gewicht gegenüber der Herrlichkeit, die du jetzt siehst. Bis bald.